Der Schrauberhof am Rande von Berlin liegt überfüllt aber verschlafen in der Mittagssonne. Der Rummelkäpt´n hat bis in den frühen Morgen am letzten Track seines neuen Albums gefeilt. Ebenfalls leicht verpennt, den gestählten Leib spärlich mit blauer Latzhose und Badeschlappen bekleidet, öffnet er die Tür seiner barackenartigen Wohnstätte.
Freundlicher Empfang mit kurzem Lächeln und einem erwartet festen Händedruck. Erst mal einen Munter-mach-Tee trinken, fit werden und nichts überstürzen. Deutliches Männeraroma liegt hier in der Luft.Seit geraumer Zeit bewohnt Roger Baptist alias Rummelsnuff, der Rummelkäpt´n oder einfach Käpt´n, das Gelände neben dem NS Dokumentationszentrum in Schönweide. Hier arbeitet der Käpt´n an seiner Musik, dem Fortschritt seines Projektes, am gesamten Rummelsnuff. Covergestaltung, Bookings, die Kooperation mit einer Brauerei für spezielles Bockbier, Social Media Marketing: Alles aus einer Feder: Seiner. Selbst ist der Mann. Schlechte Erfahrung mit Labels und der Wille, sein eigener Herr sein zu wollen, haben die Weichen für diesen Weg gestellt.
Eine große Europa-Karte an der Wand, der Rechner im hinteren Eck, kreatives Chaos überall. Einfache Freiheit statt verspielte Gemütlichkeit. Funktion, die vor Gestalt und – wie jeder seiner Hörer weiß – Kraftgewinn, der vor Schönheit geht. Viereinhalb Alben hat der Käpt´n in kompletter Eigenregie produziert. Keine Kompromisse. Das Ergebnis ist eine originelle und vor allem originale deutsche Brachialpoetik, die sich jeglichen Genrezuordnungen entzieht. Zwischen derbem Elektropunk, Gassenhauer und finsterer Ballade mit vorwiegend deutschen Texten finden sich französische, spanische und rumänische Einflüsse. Eine bunte Mischung aus Erdfarben, Frakturschrift, Schalk im Nacken, Finger in der Wunde – nie wahllos, oft auf die Fresse und manchmal auch mitten ins Herz.Rummelsnuff selbst ist der rote Faden, der sich durch diese Elemente zieht. Raue Stimme, Muskelberge und verschmitzte Mimik verbinden jeden Klang, ob hart und laut oder zart und leise, mit Begriffen wie „Pumper“, „Heizer“, „Donnerbolzen“, oder besingen „Den Hund“ und „La Rochelle“. Alles aus einem Guss, der höchstens Sollbruchstellen aufweist.
Rummelsnuff ist eine Kunstfigur, die sich weniger inszeniert als verkörpert, was sie ist, wodurch sie keine Sekunde lang an Authentizität einbüßt. Roger erzeugt sie mit vollem Körpereinsatz, bei jedem Ton, und weiß, wovon bzw. worüber er singt. Begleitet wird er dabei zu teilen von Christian Asbach, dem Maat. Für das neue Album versuchen sie es als gleichberechtigte Partner mit geregelter Kompetenzaufteilung: „Der Maat kann besser singen, was mir mehr Freiheit in der Melodiegestaltung lässt. Dadurch ist das neue Album vielschichtiger und melodiöser als die letzten.“ Die beiden können miteinander und der neue Input freut den Käpt´n. „Man darf sich nicht immer nur um sich selbst drehen. Wenn so eine gemeinsame Arbeit etwas bringen soll, muss man auf derselben Augenhöhe sein.“
Bei gemeinsamen Konzertauftritten fahren sie zusammen mit dem ausgebauten Bus, der ihnen auch als Schlafstätte dient. Ihre Konzerte geben sie in der Regel nur Donnerstag bis Samstag: ausgelassenere Stimmung, mehr Publikum – die Anfahrt muss sich lohnen. Keine Lange Tour, sondern Einzelkonzerte mit Zeltlagerstimmung, Ausflugsgefühl und Jungsmugge. Der Grenzgang zwischen harten Männern und kräftigen Buben ist...
Diese und 18 weitere Geschichten über das Suchen und Finden erscheinen am 01.06.18 im SALON Literatur Verlag München
HC, gebunden, durchgehend vierfarbig bebildert ca. 202 Seiten
Preis: 39,- €
Subskriptionspreis bis 31.06.2018: 25,- €
ISBN 978-3-947404-06-3
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